Prozession in Ayacucho

Ayachucho nennt sich selbst Stadt der Kirchen. Genau so haben wir es erlebt.

Bekanntlich sind wir ja keine Stadtmenschen, aber wenn die Kolonialbauten und Kirchen zu den schönsten des Landes zählen sollen, dann müssen wir Ayacucho selbstverständlich einen Besuch abstatten. 

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Wir übernachten ein letztes Mal vor den Toren der Stadt in der „Wildnis“ zwischen Kartoffeläckern - der genialen App iOverlander, sei Dank. Morgens kommen noch ein paar Bauern mit einer Tüte Koka-Blätter zum Auto und fragen nach dem Woher? Wohin? Seit drei Tagen sind wir in die Region der Chankas unterwegs und die Mentalität der Leute hat sich grundlegend geändert: freundlich, offen, lächelnd und winkend kommt man uns jetzt entgegen. Das haben wir in Peru bisher so nicht erlebt. Es erinnert fast ein bisschen an Afrika, nur ist man hier in Peru viel zurückhaltender.

 

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Die Anfahrt nach Ayacucho ist zunächst ernüchternd: Müll am Wegesrand und ein erbärmlicher Gestank. Sollen wir wieder umkehren?

Dann stürzen wir uns ins Gewühl der engen Gassen, was mit unserem 5,5-Tonner schon ein spannendes Unterfangen ist. Bei der ersten Übernachtungsmöglichkeit, die laut unserer App „big rig friendly“ ist, scheitern wir grandios. Vielleicht würden wir ja gerade so durch das Tor passen, aber die zugeparkte enge Straße macht ein Rangieren unmöglich. Gut, dann fahren wir eben eine Runde um die Plaza de Armas, dem Mittelpunkt jeder südamerikanischen Stadt, suchen uns einen Ausweg, der breit genug für uns ist, und landen an Übernachtungsplatz Nummer 2. Hier passen wir zwar durch das Tor, bleiben aber am Segeltuch, das als Schattenspender über den Hof gespannt ist, hängen. Big rig friendly? Allerhöchstens bedingt. Aber immerhin stehen wir jetzt keine 250 Meter von der Plaza de Armas entfernt, in einem betonierten Innenhof mit einer verrückten Hexe als Besitzerin. Wahrlich ein „traumhafter Platz“, aber praktisch!

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Die Innenstadt ist für LKW tabu - aber wir sind ja kein LKW! Trotzdem haben wir nur um die Plaza de Armas herum auf sechs Spuren genug Platz.

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Wir machen uns gleich auf zum Stadtrundgang. Kurz bevor wir Station 1, den Mercado erreichen, macht uns ein Menschenauflauf mit ziemlich schräger Blasmusik vor der Kirche des Franz von Assisi neugierig. Was wird hier gefeiert? Zunächst eine heilige Messe in der Kirche mit ziemlichem Pomp: Leute werden am Schluss geehrt, mit Ketten behängt, beklatscht. Und dann beginnt eine Prozession durch die Stadt. Ich kenne Fronleichnamsprozessionen als Kind und bin Blumen streuend selbst mitgelaufen, aber bei dieser Zeremonie in Ayacucho fühle ich mich ins Mittelalter versetzt. 

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Die Männer, die den Altar tragen, brechen unter ihrer Last fast zusammen, die Glocken im Kirchturm werden ohrenbetäubend laut von Jugendlichen mit der Hand geschlagen, ein Vater zwängt sich mit seinem kleinen Sohn durch die Menge und lässt sein Kind vom Priester segnen, die Eltern weinen, das Kind schreit. 



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Die spanischen Missionare haben vor 500 Jahren ganze Arbeit geleistet. Hier ist man wahrscheinlich katholischer als sonst irgendwo auf der Welt. Für uns ziemlich befremdlich.




Nun ist der Mercado, in den wir ja eigentlich wollten, genau das Richtige, um sich von diesem Zauber zu erholen. Neben den Kirchen, von denen wir am ersten Tag erst mal genug haben, ist Ayacucho auch für sein Kunsthandwerk bekannt. Wir wechseln zwei Tage lang zwischen den diversen Mercados und Kirchen hin und her und verlassen rechtzeitig die Stadt, um noch zu einem wirklich traumhaften Übernachtungsplatz in einem fast trockenen Flusstal zu kommen. Aber hier beginnt eine andere Geschichte…

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Von Schweinefüßen über Schnürsenkel bis zur Besenkollektion gibt es auf einem Mercado einfach alles.



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