Besuch im Automuseum oder Was ist hier Verkehr(t)?

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Havanna - das größte Automuseum der Welt 

Direkt zu der Automobil-Diashow geht’s  hier. 


Zwar ist seit 2014 der Kauf eines importierten Autos in Kuba erlaubt, aber die Einfuhrsteuer von 800% (!) und die damit verbundenen horrenden Preise - ein PKW kostet ca. 200.000 US Dollar - sorgen dafür, dass die Oldtimer aus den 50-er Jahren gehegt und gepflegt werden. 

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Chevies, Oldsmobile, Buicks und wie sie alle heißen haben oft schon den zweiten Ersatzmotor, ein Vorhängeschloss am Kofferraum und kaputte Blinker bzw. Bremslichter werden durch diverses Hände-Wedeln des Fahrers ersetzt. Die Fahrer sind übrigens in der Regel nicht halb so alt wie ihr Auto und die hektischen Wedel-Gesten lernt man schnell von dem lässig aus dem Fenster gelehnten Arm zu unterscheiden.
 Und wenn das Licht mal nicht funktioniert, dann kann man nachts auch mit Stirnlampe fahren! Und nach TÜV und ASU trauen wir uns gar nicht zu fragen. 

                       Parallele zu Abi 56: man ist stolz auf sein Alter und zeigt es gern.

Aber es gibt nicht nur Oldtimer auf Kubas Straßen. Das Pferd, der Ochse, das Fahrrad - alle sind gleichberechtigt und auf dem Land ein ebenso häufiges Transportmittel. Der Geisterfahrer, der uns auf der Carretera Zentral (zu deutsch Autobahn) entgegen kommt, ist in Wirklichkeit eine Geisterkutsche! Was aber bei sooo wenig Verkehr nicht wirklich zum Problem wird.  

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Autobahn ohne Autos, aber mit Hufnägeln bespickt. Express Reifenservice - nie arbeitslos.

Problematisch wird’s, wenn die Pferde ihre Hufnägel verliefen. Wir hatten 4 - in Worten vier - Nägel gleichzeitig in einem Reifen. Gott sei Dank verfügt jede Autobahn-Tankstelle  über einen Reifenwechsel-Service. 20 bis 25 Reifen flickt der gute Mann jeden Tag. Express - versteht sich.


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Bei so wenig Verkehr ist es ebensowenig ein Problem, wenn Fahrräder nebeneinander auf der Straße herum gaukeln oder sich ans Pferdetaxi anhängen. 

Auch steht hier ein Ochsengespann vor der Zapfsäule … Vielleicht ein bisschen deplatziert, denn auch in Kuba pflügen die Ochsen ohne Diesel, benötigen keine Ersatzteile und rosten nicht. Außerdem sind sie gut dressiert und hören aufs Wort, was im Straßenverkehr und auch bei Wendemanövern auf der Stelle unbedingt nötig ist.


Ochsen dienen nicht nur zum Pflügen, sie sind auch gängige Transportmittel.

Der öffentliche Überland-Verkehr scheint nicht besonders zuverlässig. Die Busse sind ebenso alt wie die PKWs und kommen daher nicht immer an ihrem Ziel an oder fallen sogar ganz aus. Viele Kubaner verlassen sich lieber darauf, dass sie von irgendeinem freundlichen Autofahrer ein Stück mitgenommen werden. Sie stehen mit einem Geldschein winkend am Straßenrand. Das Gepäck oder auch ein Baby wartet derweil geduldig im Schatten.

Auch wir spielen Taxi. Die Kubaner sparen so die 10 Pesos (= 40 $Cent) pro 10 km und wir haben Spaß bei unseren spanischen mit-Händen-und-Füßen-Konversationen. Unter anderem sorgten zwei 30-jährige Kicher-Püppchen mit 15-jährigen Töchtern, eine Soldatin auf Heim-Wochenende, eine Englisch-Lehrerin, die schlechter englisch konnte als wir spanisch, eine Krankenschwester, die mit ihrem deutsch brillierte („o sole mio“ und „ti amo“ ?!?!?) bis zur jungen Familie mit Baby, die gleich 70 km mit uns fuhr, für Abwechslung.

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Pferde-Taxis sind verlässlicher als Busse. Man stellt sich an die Pferde-Haltestelle und trabt wenig später davon.


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Ein Wort zum Straßenzustand: 

Obwohl es derzeit in Kuba kaum Verkehr gibt, haben vorausschauende Planer um jede größere Stadt eine Umgehungsstraße gebaut. So kann man relativ schnell längere Distanzen quer über die Insel zurück legen. Die großen Landstraßen, insbesondere auch die Autobahnen (Carreteras) sind viel besser, als man es für ein so armes Land erwarten würde. 100%-Schlagloch-sicher sollte man sich dennoch nie fühlen.

Anders sieht es in den Städten aus: in Cienfuegos mussten wir auf dem Weg zu unserer Casa mitten auf der Straße ein „eingepflanztes Bäumchen“ umfahren. Es war kurzerhand in ein 1 m tiefes Loch gesteckt worden, zum Schutz der Autofahrer.

Nicht besser sieht es auf den Bürgersteigen und Pflasterwegen aus, da macht auch die  Touristen-Hochburg Trinidad keine Ausnahme. Wieviel Knöchelverletzungen und Beinbrüche mit Fußgängern zu verzeichnen sind, lässt sich nur mutmaßen. Vielleicht gibt es sogar Touristen, die in den schwarzen Löchern verschwunden sind.



Der krönende Abschluss: mit dem Buick durch Havanna - man gönnt sich ja sonst nichts!

Fragt jetzt noch jemand: wann und wo wir im Automuseum waren? Ganz Kuba ist ein Automuseum!


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